Mann und Frau

04.06.2015 22:35

Der Ausgleich zwischen Mann und Frau findet erst auf dem Gebiete des geistigen Zusammenlebens statt. Je tiefer wir nun hinuntersteigen in das bloß Seelische und in das Äußere des Menschen, desto größer wird der Unterschied zwischen Mann und Frau in Bezug auf ihr Leben. Und so können wir sagen, dass die Frau auch in gewissen Eigenschaften der Seele verschieden ist vom Manne, dass sie mehr neigt zu jenen Eigenschaften der Seele, die zu Impulsen führen, welche als Emotionelle bezeichnet werden müssen; und wir finden sie dazu veranlagt, mehr als der Mann psychische Erlebenisse zu haben. Dafür sind im Leben des Mannes Intellektualismus und Materialismus mehr zu Hause, was auf das Seelenleben einen großen Einfluss hat [...] Der Mann mag reichere Erfahrungen machen, auch wissenschaftlichere: So tief gehen bei ihm die Erfahrungen nicht in das Seelenleben hinein, wie es bei der Frau der Fall ist. [...]

Deshalb sagt man im Okkultismus: Der Mann ist das Karma der Frau. In der Tat ist die Mannesorganisation in einer späteren Inkarnation das Ergebnis der Erfahrungen und Erlebnisse in einer vorhergehenden Fraueninkarnation. Selbst auf die Gefahr hin, dass ich etwa unsympathische Gedanken erwecke bei einigen der Versammelten - es kommt ja immer vor, dass Männer der Gegenwart einen heillosen Respekt davor haben, als Frau inkarniert zu werden -, muss ich diese Dinge als Tatsachen auch wieder ganz objektiv beleuchten.

Wie ist es nun mit den Manneserlebnissen? [...] Bei der Mannesorganisation hat der innere Mensch sich gründlicher in das Materielle hineingelebt, hat es mehr umklammert als die Frau. Die Frau behält mehr von dem geistigen im Unkörperlichen zurück; sie lebt sich nicht so tief in das Materielle hinein, sie erhält ihre Körperlichkeit weicher. Sie trennt sich nicht so weit von dem Geistigen. Das ist das Charakteristische der Frauennatur, dass sie mehr zurückbehält von freier Geistigkeit und sich daher weniger in die Materie  hineinarbeitet und vor allem das Gehirn weicher erhält. Daher ist es nicht zu verwundern, dass dir Frauen für Neues, insbesondere auf geistigem Gebiete, eben eine besondere Neigung haben, weil sie das geistige freier behalten haben und weil weniger Widerstand da ist. [...] Und wer Mann ist, der weiß, was für ein schwieriges Instrument das Mannesgehirn oftmals ist. Es bildet furchtbare Hindernisse, wenn man es für biegsamere Gedankengänge brauchen will. Da will es nicht mitgehen. Es muss erst mit allen möglichen Mitteln herangebildet werden, um sich aus der Steifigkeit zu erlösen. Das kann durchaus ein eigenes Erlebnis der Manneserfahrung sein. [...]

Die Folge davon ist aber die, dass der Mensch aus einer solchen Inkarnation, wo er wenig hineinwirkt in die Seele, die Tendenz aufnimmt zwischen Geburt und Tod, in der nächsten Inkarnation weniger in die Organisation einzudringen. Es ist ja die Kraft dazu weniger aufgenommen worden; deshalb wirkt sie jetzt so, dass der Mensch weniger seine Leiblichkeit imprägniert. Daraus entsteht nun aber die Neigung, in der nächsten Inkarnation einen Frauenleib aufzubauen. Wiederum ist es richtig, wenn man im Okkultismus sagt: Das Weib ist das Karma des Mannes.

Nur in seltenen Fällen wiederholt sich die gleiche geschlechtliche Inkarnation; sie kann sich höchstens sieben mal wiederholen. Die Regel jedoch ist die, dass jede männliche Organisation in der nächsten Inkarnation danach strebt, weiblich zu werden, und umgekehrt. Da nützt alle Abneigung nichts.

Quelle: Rudolf Steiner: Die Offenbarungen des Karma. S. 177 ff. (Vortrag vom 26. Mai 1910).

Zurück